Einladung zum Tanz mit der KI

 

Bild by SUzanne Ruf

 

Das war eines meiner Lehrstellwerke als ich 1991 meine polyvalente Lehre bei der SBB als Betriebsdisponentin im Kreis II angefangen habe. Ein mechanisches Stellwerk, welches damals noch in einigen Bahnhöfen im Einsatz war. Bereits zum Abschluss meiner Lehre 1993 waren erste Auswirkungen der Digitalisierung in meinem Beruf zu spüren:

Billette konnten am Schalter gedruckt werden und lösten die vorgedruckten und handgeschriebenen Billette ab. Die ersten elektronischen Stellwerke waren im Einsatz und die Übersicht über Gleise und Weichen im Bahnhof wurde plötzlich auf einem PC-Bildschirm angezeigt und nicht mehr auf dem grossen Stellwerk im Fahrdienstraum des Bahnhofs.

Die Etiketten für die Güterwagen konnten nun gedruckt werden und wurden nicht mehr von Hand geschrieben, die Gefahr, dass sie durch Wind und Wetter unleserlich würden, konnte damit gebannt werden.

Ich kann mich erinnern, dass ich mich sehr über die Einführung der elektronischen Schaltergeräte gefreut hatte. Das manuelle Berechnen eines Rundfahrt-Billetts war zeitintensiv und fehleranfällig und wenn ich den Bahnkunden nicht nach allen möglichen Informationen gefragt hatte, musste ich möglicherweise gar mehrere Optionen berechnen, da es verschiedene Reisemöglichkeiten gab. Neuerdings wurde dieser lange Arbeitsprozess auf dem Schaltergerät abgewickelt und es wurde per Knopfdruck berechnet, was die Fahrtkosten sind. Auch der Fahrplan konnte elektronisch abgerufen werden.

Heute sind viele Bahnhöfe nicht mehr mit Bahnbetriebsdisponenten besetzt. Die Steuerung des Bahnbetriebs erfolgt zentral durch einige wenige Steuerzentralen und mit wenigen hochspezialisierten Personen unter Nutzung der Folge- und Nachfolge-Generationen der elektronischen Stellwerke.

Was damals für viele noch unvorstellbar war, ist heute umgesetzt. Die Bahnhöfe können komplett ferngesteuert werden.

Meinen Beruf gibt es in dieser polyvalenten Form nicht mehr und so sehr ich diese Zeit geliebt habe, so natürlich hat sich in meinem Berufsleben der Wandel eingestellt und ich konnte mich in eine völlig neue Job Rolle - die ich mir damals noch nicht mal vorstellen konnte - weiterentwickeln.

Nun steht uns ein nächster grosser Wandel bevor. Die künstliche Intelligenz wird Einzug in unsere Arbeitswelt halten. Sie wird Arbeitnehmende und Arbeitgebende vor grosse Herausforderungen stellen. Sie wird die ganze Gesellschaft beeinflussen. Und heute können wir uns kaum vorstellen, in welche Richtung und in welchem Tempo die Entwicklung stattfinden wird.

Ich bin überzeugt, dass viele Aufgaben durch KI-Instrumente unterstützt werden können und dort Erleichterung bringen können, wo die Prozesse zeit- und aufwandintensiv sind, wie früher bei den Rundfahrt-Billetten. Und vielleicht gibt es gar einige Aufgaben, die die KI komplett übernehmen wird.

Doch bin ich auch überzeugt, dass es die Kompetenzen zur Gestaltung von Beziehung und Prozessen in Unternehmungen nach wie vor brauchen wird. Sicherlich in der Führung, jedoch auch in der Beratung und im Coaching.

In den kommenden Monaten und Jahren wird sich herauskristallisieren, welche Kompetenzen in der Arbeitswelt mit KI gestärkt werden sollen und welche Aufgaben getrost ganz an die KI delegiert werden könnten.

Die Herausforderung ist es nun, sich auf einen sehr rasch entwickelnden Bereich einzustellen und dabei die Zuversicht zu behalten, dass sich der Weg und die Veränderung entwickeln wird. So wünsche ich uns allen Mut und Neugier, uns mit den kommenden Entwicklungen auseinanderzusetzen und vielleicht sogar den Tanz mit der KI zu wagen.